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Polizei-Personalräte im Freistaat Sachsen

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Beim Landespolizeipräsidium im Sächsischen Staatsministerium des Innern wird kein Polizei-Personalrat gebildet; dies verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Mitbestimmung in Art. 26 der Sächsischen Verfassung.

Die Abordnung an das Sächsischen Staatsministerium des Innern im Rahmen des Auswahlverfahrens zur Aufstiegsausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst führt nach Ablauf von drei Monaten zum Erlöschen der Mitgliedschaft im Polizei-Hauptpersonalrat; dies verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot nach § 8 SächsPersVG.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 SächsPersVG erlischt die Mitgliedschaft im Personalrat durch Verlust der Wählbarkeit. Da nach § 14 Abs. 1 SächsPersVG nur solche Personen in den Personalrat gewählt werden können, denen das aktive Wahlrecht zusteht, geht mit dem Verlust des aktiven Wahlrechts zugleich auch das passive Wahlrecht verloren. Der nachträgliche Wegfall der Voraussetzungen des passiven Wahlrechts führt seinerseits zur Beendigung der Mitgliedschaft im Personalrat nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 SächsPersVG. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG sind – von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen – wahlberechtigt zur Personalvertretung einer Dienststelle alle Beschäftigten der Dienststelle. Die Wahlberechtigung setzt demnach Beschäftigteneigenschaft und Dienststellenzugehörigkeit voraus. Die Beschäftigteneigenschaft bestimmt sich nach § 4 SächsPersVG. Dienststellenzugehörig ist der Beschäftigte, der in die Dienststelle eingegliedert ist. Dies ist der Fall, wenn er dort nach Weisungen des Dienststellenleiters an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirkt.

Ein Beschäftigter verliert demnach das Wahlrecht mit der Versetzung zu einer anderen Dienststelle; zugleich erwirbt er das Wahlrecht in der neuen Dienststelle. Vergleichbares gilt unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG grundsätzlich im Fall der Abordnung. Wer zu einer Dienststelle abgeordnet wird, wird in ihr wahlberechtigt, sobald die Abordnung am Wahltag länger als drei Monate gedauert hat; im gleichen Zeitpunkt verliert er die Wahlberechtigung bei der alten Dienststelle. Der Gesetzgeber hat hier in typisierender, dem Gedanken der Rechtssicherheit Rechnung tragenden Weise präzise bestimmt, wann im Fall einer Abordnung die Ausgliederung des Beschäftigten aus der alten und seine Eingliederung in die neue Dienststelle stattfindet. Der Zusatz „am Wahltag“ besagt lediglich, dass es im Fall der Wahl darauf ankommt, ob die Abordnung bereits länger als drei Monate andauert, nicht aber darauf, ob sie auf mehr als drei Monate angelegt ist. Folgerichtig erlischt die Mitgliedschaft im Personalrat nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 SächsPersVG, sobald die Abordnung des Personalratsmitgliedes länger als drei Monate gedauert hat.

Die genannten Vorschriften über Wahlberechtigung, Wählbarkeit und Erlöschen der Mitgliedschaft im Personalrat gelten für die Stufenvertretungen entsprechend (§ 54 Abs. 3 Satz 1, § 55 SächsPersVG). Die entsprechende Anwendung hat den erweiterten Zuständigkeitsbereich der übergeordneten Dienststelle und die darauf bezogene wahlrechtliche Bestimmung zu bedenken, wonach die Mitglieder der Stufenvertretung von den zum Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle gehörenden Wahlberechtigten gewählt werden (§ 54 Abs. 2 SächsPersVG). Der Beschäftigte verliert daher im Falle seiner Versetzung oder Abordnung sein aktives und passives Wahlrecht für die Stufenvertretung nur dann, wenn der Dienststellenwechsel den Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle überschreitet. Ist das nicht der Fall, bleiben Wahlberechtigung und Wählbarkeit unberührt. Die Abordnung eines Mitgliedes der Stufenvertretung ist daher für seine Mitgliedschaft unschädlich, wenn die neue Dienststelle ebenfalls zum Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle zählt.

Nichts anderes gilt grundsätzlich für den PolizeiHauptpersonalrat im Staatsministerium des Innern, der von den Beschäftigten der in § 68 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG genannten Polizeidienststellen gewählt wird (§ 68 Abs. 3 SächsPersVG).

Auch der PolizeiHauptpersonalrat ist eine Stufenvertretung (§ 68 Abs. 4 SächsPersVG). Wird daher ein Mitglied des PolizeiHauptpersonalrats z.B. von einer Polizeidirektion an eine andere oder an das Landeskriminalamt versetzt oder abgeordnet, so bleibt davon der Bestand seines Mandats unberührt.

Anders liegt es freilich, wenn der Beschäftigte von einer der in § 68 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG genannten Polizeidienststellen zum Staatsministerium des Innern wechselt. Denn dessen Beschäftigte sind – auch soweit es sich um Polizeibedienstete handelt – nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SächsPersVG nicht zum PolizeiHauptpersonalrat wahlberechtigt. Der Wortlaut der genannten Regelung lässt jedenfalls nach der Neufassung des § 68 SächsPersVG durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes vom 04.11.2010, SächsGVBl S. 290, keine Fragen mehr offen. Dementsprechend heißt es im Entwurf des Vierten Änderungsgesetzes zu § 68:

„Die Neufassung des Absatzes 3 stellt klar, dass die in der Abteilung 3 des Sächsischen Staatsministeriums des Innern beschäftigten Polizeibediensteten neben dem örtlichen Personalrat nur für den Hauptpersonalrat des Sächsischen Staatsministeriums des Innern und nicht zugleich für den PolizeiHauptpersonalrat wahlberechtigt sind. Beschäftigte können nur für einen Hauptpersonalrat wahlberechtigt sein. Die Wahlberechtigung für den Hauptpersonalrat des Staatsministeriums des Innern ist sachgerecht, da die Beschäftigten der Abteilung 3 in die Personal, Organisations- und Arbeitsstruktur des Ministeriums vielfältig eingebunden sind und das Staatsministerium des Innern im Hinblick auf die Dienstaufsicht nicht selbst Landespolizeibehörde ist, sondern die Aufsicht über die Landesbehörden ausübt (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 Sächsisches Polizeigesetz, SächsPolG). Die Aufgaben des Ministeriums als Polizeivollzugsdienststelle (Landespolizeipräsidium, § 71 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG) treten aus personalvertretungsrechtlicher Sicht dagegen zurück“.

Die Regelungen in § 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SächsPersVG, wonach die Polizeibediensteten im Staatsministerium des Innern keinen eigenen örtlichen PolizeiPersonalrat wählen und folgerichtig zum PolizeiHauptpersonalrat nicht wahlberechtigt sind, verstößt nicht gegen Art. 26 der Sächsischen Verfassung. Danach sind in Betrieben, Dienststellen und Einrichtungen des Landes Vertretungsorgane der Beschäftigten zu bilden (Satz 1). Diese haben nach Maßgabe der Gesetze das Recht auf Mitbestimmung (Satz 2). Berührt ist hier die Verpflichtung zur Bildung der Vertretungsorgane nach Art. 26 Satz 1 der Sächsischen Verfassung. Grundsätzlich maßgeblich ist das vom Gesetzgeber nach Art. 83 Abs. 1 Satz 1 der Sächsischen Verfassung geschaffene Verwaltungsorganisationsmodell. Es gilt das Prinzip, Vertretungsorgane möglichst sach- und ortsnah zu bilden und dort anzusiedeln, wo wesentliche, bündelungsfähige Interessen der Beschäftigten berührende Entscheidungen getroffen werden, um eine effektive Wahrnehmung der Beschäftigteninteressen zu gewährleisten.

Das für den Polizeivollzugsdienst maßgebliche Organisationsmodell enthält § 71 SächsPolG). Die in § 71 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 SächsPolG aufgezählten Polizeidienststellen (Landeskriminalamt, Landespolizeidirektion Zentrale Dienste, Präsidium der Bereitschaftspolizei und nachgeordneter Bereich, Polizeidirektionen) sowie die in § 71 Abs. 2 SächsPolG genannten Ausbildungseinrichtungen für den Polizeivollzugsdienst sind in § 68 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG abgebildet. Dies gilt allerdings nicht für das Landespolizeipräsidium im Staatsministerium des Innern nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 SächsPolG. Doch ist bereits dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen, dass es sich beim Landespolizeipräsidium um keine eigenständige Behörde, sondern um eine Abteilung der obersten Dienstbehörde Staatsministerium des Innern handelt. Angesichts dessen bleibt § 68 SächsPersVG dem gesetzlichen Organisationsmodell verhaftet, wenn er für das Landespolizeipräsidium keinen eigenen PolizeiPersonalrat vorsieht, sondern die Wahrnehmung der Interessen seiner Beschäftigten dem örtlichen Personalrat des Ministeriums („Hauspersonalrat“) und dem dort nach § 54 Abs. 1 SächsPersVG gebildeten Hauptpersonalrat überlässt.

Eine sach- und ortsnahe Interessenvertretung für die Angehörigen des sächsischen Polizeivollzugsdienstes ist auch auf diese Weise gewährleistet. Wird im Staatsministerium des Innern eine Maßnahme getroffen, welche ausschließlich die Polizeibediensteten im Ministerium betrifft, so ist der dortige örtliche Personalrat zur Beteiligung berufen. Bei der Größe des Personalrats nach § 16 SächsPersVG kann typischerweise davon ausgegangen werden, dass polizeispezifischer Sachverstand im Personalrat des Ministeriums vertreten ist (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zu den Wahlen nach dem Sächsischen Personalvertretungsgesetz). Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, so stehen dem Personalrat unschwer Mittel und Wege offen, sich die zur Beurteilung des Beteiligungsfalles notwendigen Kenntnisse zu verschaffen (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 73 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 und 2 SächsPersVG). Wird im Staatsministerium des Innern eine Maßnahme getroffen, welche Beschäftigte in den Polizeidienststellen nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG betrifft, so ist der PolizeiHauptpersonalrat zur Beteiligung berufen (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG). Wird im Staatsministerium des Innern schließlich eine Maßnahme getroffen, welche Beschäftigte im Ministerium sowie in den Polizeidienststellen gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG gleichermaßen betrifft, so eröffnet § 68 Abs. 4 SächsPersVG ein sachgerechtes Verfahren unter Beteiligung sowohl des PolizeiHauptpersonalrats als auch des Hauptpersonalrats im Ministerium.

Aus dem dargestellten Beteiligungsmodell für den Polizeivollzugsdienst folgt, dass ein Beschäftigter seine Mitgliedschaft im PolizeiHauptpersonalrat mit seiner Versetzung an das Staatsministerium des Innern verliert. Entsprechendes gilt nach § 13 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 5 SächsPersVG grundsätzlich, sobald eine Abordnung des Mitgliedes an das Ministerium länger als drei Monate dauert.

Diese Rechtsfolge tritt nach § 13 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG nicht ein bei freigestellten Mitgliedern einer Stufenvertretung und bei Beschäftigten, die an Lehrgängen teilnehmen. Die erste Variante scheidet in der vorliegenden Fallgestaltung von vornherein aus. Denn ein Mitglied des PolizeiHauptpersonalrats, das am Auswahlverfahren zur Aufstiegsausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst teilnimmt, kann während dieser Zeit, insbesondere während der sechsmonatigen Praxisbewährung im Staatsministerium des Innern, nicht zugleich von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt sein. Aber auch die zweite Variante greift hier nicht ein. Die sechsmonatige Praxisbewährung im Staatsministerium des Innern ist keine Teilnahme an einem Lehrgang im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG.

Unter dem Begriff „Lehrgang“ fallen Veranstaltungen, die Aus- und Fortbildungszwecken dienen. Wie der systematische Zusammenhang mit § 13 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG zeigt, werden gerade solche Vorgänge erfasst, die sich über mehr als drei Monate hinziehen. Der Regelung in § 13 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SächsPersVG liegt ersichtlich die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass bei der Teilnahme an Lehrgängen unabhängig von deren Dauer die Eingliederung in die Stammdienststelle nicht verloren geht. Dies beruht wiederum auf der Erwägung, dass die Lehrgangsteilnehmer in der Dienststelle, an welche sie zu Aus- oder Fortbildungszwecken abgeordnet sind, nicht an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirken, sondern dort lediglich Aus- und Fortbildung empfangen. Insofern bewertet der Gesetzgeber in § 13 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SächsPersVG die Abordnung zu Aus- und Fortbildungszwecken anders als die Ausbildung in der Stammdienststelle, welche auf die künftige Aufgabenerfüllung in eben dieser Dienststelle angelegt ist und deswegen die Zugehörigkeit zu dieser Dienststelle begründet (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG).

Die Polizeibeamten, die zum Zwecke der Praxisbewährung an das Staatsministerium des Innern abgeordnet sind, empfangen dort keine Aus- und Fortbildungsleistung, sondern wirken dort an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit.

Nach § 145 Abs. 1 des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen vom 12.05.2009, SächsGVBl S.194, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 19.05.2010, SächsGVBl S. 142, erlässt das Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung die besonderen Vorschriften über die Laufbahnen der Beamten des Polizeivollzugsdienstes. Danach gilt die Laufbahnverordnung der Beamten des Polizeivollzugsdienstes (SächsLVOPol). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SächsLVOPol können unter den dort genannten Voraussetzungen Beamte des gehobenen Polizeivollzugsdienstes zur Aufstiegsausbildung für den höheren Polizeivollzugdienst zugelassen werden. Das Auswahlverfahren wird durch das Sächsische Staatsministerium des Innern geregelt (§ 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SächsLVOPol). Dies ist in der Verwaltungsvorschrift über das Auswahlverfahren zur Aufstiegsausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst (VwV AuswahlVhPVD) vom 22.04.2010 geschehen.

Danach besteht das Auswahlverfahren für diejenigen Beamten, die nach Durchführung der Potentialanalyse gemäß Ziffer III VwV AuswahlVhPVD im Auswahlprozess verblieben sind, aus zwei Teilen, nämlich der Praxisbewährung gemäß Ziffer IV VwV AuswahlVhPVD und dem Auswahlgespräch gemäß Ziffer V VwV AuswahlVhPVD. Im Rahmen der Praxisbewährung sind die Beamten in verschiedenen Tätigkeitsbereichen der polizeilichen Praxis in Funktionen zu verwenden, die sie auf die künftigen Aufgaben des höheren Polizeivollzugsdienstes vorbereiten sollen. Dadurch soll den Beamten Gelegenheit gegeben werden, die fachlichen, sozialen und persönlichen Kompetenzen zu festigen, die von Beamten im höheren Polizeivollzugsdienst erwartet werden. Die Praxisbewährung umfasst drei Abschnitte, nämlich die Verwendung in einer Führungsfunktion (mindestens 1 Jahr), einer Stabsfunktion (mindestens 6 Monate) sowie im Staatsministerium des Innern, Abt. 3 – Landespolizeipräsidium – (mindestens 6 Monate; Ziffer IV Nr. 1 und 2 VwV AuswahlVhPVD).

Daraus geht hervor, dass den Beamten im Staatsministerium des Innen ebensowenig wie in den anderen Stationen der Praxisbewährung im Rahmen von Aus- oder Fortbildungsveranstaltungen theoretische Kenntnisse vermittelt werden. Vielmehr wirken sie dort in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen der polizeilichen Praxis an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit und festigen dabei ihre beruflichen Kompetenzen. Die sechsmonatige Verwendung im Staatsministerium des Innern ist somit nicht durch Aus- und Fortbildungszwecke geprägt, sondern durch berufliche Praxis. Dass die Verwendung im Staatsministerium des Innern der Aufstiegsausbildung vorausgeht, nimmt ihr diesen Charakter nicht. Dass das Auswahlverfahren gegen Ende mit dem Führungsforum gemäß Ziffer VI VwV AuswahlVhPVD auch Ausbildungselemente enthält, fällt mit Blick auf deren Umfang – fünf ein- bis zweitägige Veranstaltungen – nicht weiter ins Gewicht.

Die sich daraus ergebende Rechtsfolge, dass Polizeibeamte mit Ablauf von drei Monaten ihrer Abordnung an das Staatsministerium des Innern ihr Personalratsmandat verlieren, verstößt nicht gegen § 8 SächsPersVG. Danach dürfen Personen, die personalvertretungsrechtliche Aufgaben und Befugnisse wahrnehmen, darin nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Eine Beeinträchtigung der Personalratstätigkeit, die sich aus personalratsvertretungsrechtlichen Bestimmungen selbst ergibt, ist weder Behinderung noch Benachteiligung. Dies gilt auch, soweit die Mitgliedschaft im Personalrat auf Grund wahlrechtlicher Bestimmungen erlischt.

Bei der Regelung in §13 Abs. 2 SächsPersVG zum Verlust des Wahlrechts in der alten Dienststelle war dem Gesetzgeber bewusst, dass Abordnungen insbesondere bei der übergeordneten Dienststelle vielfach dazu geeignet und bestimmt sind, den berufliche Aufstieg zu fördern. Der Verlust des aktiven Wahlrechts führt über die Regelungsautomatik in § 14 Abs.1 und § 29 Abs. Nr. 5 SächsPersVG zugleich zum Verlust des passiven Wahlrechts und damit zum Erlöschen der Mitgliedschaft im Personalrat. Vom Gesetzgeber ist daher mitbedacht, dass einerseits die Kontinuität der Personalratsarbeit mit dem Ausscheiden des Personalratsmitglieds beeinträchtigt wird und dass andererseits der Beschäftigte sein Personalratsmandat nur behalten kann, wenn er sein berufliches Fortkommen unter Verzicht auf die Abordnung zurückstellt. Sind die beschriebenen Vorgänge aber zwingende Folge der gesetzlichen Regelung und als solche vom Gesetzgeber gewollt, so verbietet es sich, sie als vom Behinderungs- und Benachteiligungsverbot des § 8 SächsPersVG erfasst anzusehen. Das Erlöschen der Mitgliedschaft im PolizeiHauptpersonalrat nach einer drei Monate übersteigenden Dauer der Verwendung im Staatsministerium des Innern ist dabei kein Sonderfall, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigt; auch hier gilt die beschriebene Regelungsautomatik. Der Schutz des Personalratsmitgliedes vor Abordnungen gegen seinen Willen nach § 48 Abs. 2 SächsPersVG bleibt unberührt.

Der Hilfsantrag ist ebenfalls nicht begründet. Der Beteiligte verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 8 SächsPersVG wenn er bei Mitgliedern des Polizeihautpersonalrats im Rahmen des Auswahlverfahrens zur Aufstiegsausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst auf der sechsmonatigen Praxisbewährung im Staatsministerium des Innern besteht.

Das Benachteiligungsverbot bedeutet, dass Personalratsmitglieder nicht schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare Beschäftigte ohne Personalratsamt. Eine Schlechterstellung tritt nicht ein, wenn sich das Mitglied des PolizeiHauptpersonalrats entschließt, sich dem Auswahlverfahren unter Einschluss der Verwendung im Staatsministerium des Innern zu unterziehen. Entscheidet es sich dagegen für die Fortsetzung des Personalratsmandats, so ist ihm die Abordnung an das Staatsministerium des Innern wegen der beschriebenen wahlrechtlichen Regelungsautomatik verschlossen. Diese Rechtsfolge bedeutet als solche keine Benachteiligung, wie bereits oben ausgeführt wurde. Doch mag § 8 SächsPersVG in der Weise wirken, dass Gestaltungsspielräume bei der Durchführung des Auswahlverfahrens so zu nutzen sind, dass das Personalratsmitglied daran ohne Verlust seines Mandats teilnehmen kann. Eine dahingehende Möglichkeit besteht jedoch nicht. Die vom Oberverwaltungsgericht erwogenen Alternativen tragen den gesetzgeberischen Wertungen insbesondere in § 8 SächsPersVG nicht in vollem Umfang Rechnung.

Die Eigenart des in Rede stehenden Auswahlverfahrens verbietet es, das betreffende Mitglied des PolizeiHauptpersonalrats von der Verwendung im Landespolizeipräsidium zu befreien und stattdessen das Ergebnis der dortigen Praxisbewährung fiktiv nachzuzeichnen.

Wie bereits oben beschrieben, besteht das Auswahlverfahren aus den drei Abschnitten der Praxisbewährung und dem Auswahlgespräch. In das Gesamtergebnis des Auswahlprozesses fließen die Ergebnisse der Praxisbewährung in der Stabsfunktion mit 10%, der Praxisbewährung in der Führungsfunktion mit 30%, der Praxisbewährung im Staatsministerium des Innern mit 20% sowie des Auswahlgesprächs mit 40% ein. Die daraus zu erstellende Rangfolgeliste ist Grundlage für die Entscheidung über die Zulassung der Beamten zur Aufstiegsausbildung (Ziff. VII Nr. 1 und 2 VwV AuswahlVhPVD). Dem Modell der Praxisbewährung nach Ziff. IV Nr.1 und 2 VwV AuswahlVhPVD liegt der Gedanke zu Grunde, dass sich der Beamte in drei verschiedenen Funktionen zu bewähren hat, von denen jede zur Erstellung eines Gesamtbildes unverzichtbar ist. Dies gilt für die Stabs- und Führungsfunktionen, die grundsätzlich in der Stammdienststelle wahrzunehmen sind, in gleicher Weise wie für die Verwendung im Staatsministerium des Innern als der obersten Dienstbehörde und Führungsstelle des Polizeivollzugsdiensts (§ 72 Abs. 1 SächsPolG).

Angesichts dessen stellt sich der Verzicht auf die Verwendung von Personalratsmitgliedern im Ministerium im Verhältnis zu den Mitbewerbern ohne Personalratsamt als eine Verzerrung des Leistungs- und Eignungsbildes dar, die schon vor den Grundsätzen der Chancengleichheit und der Bestenauslese nach Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2 GG keinen Bestand haben kann. Abgesehen davon erweist sich jede fiktive Bewertung nach den jeweils in Betracht zu ziehenden Ersatzmaßstäben (Zeugnisse vor und während des Auswahlverfahrens) entweder als Begünstigung oder Benachteiligung des Personalratsmitglieds. Eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung stellt es dar, wenn ihm günstige Ergebnisse auch für die Verwendung im Landespolizeipräsidium ungeachtet der stationsbezogen differenzierten Leistungsabforderung leistungslos gutgeschrieben werden. Benachteiligt ist das Personalratsmitglied dagegen, wenn ihm die Möglichkeit abgeschnitten wird, weniger gute Bewertungen durch bessere Leistungen gerade während der Praxisbewährung im Staatsministerium des Innern auszugleichen. Das Oberverwaltungsgericht kann sich für seine gegenteilige Auffassung nicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Gerichts vom 21. September 2005 berufen. In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall ging es um ein freigestelltes Personalratsmitglied, welches bereits für den Beförderungsdienstposten ausgewählt worden war, sodass im Sinne einer Fortsetzung der Freistellung in Betracht zu ziehen war, von der noch ausstehenden Erprobung im Wege fiktiver Nachzeichnung abzusehen. Davon unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung grundlegend, in welcher sich ein nichtfreigestelltes Personalratsmitglied während eines prüfungsähnlichen Qualifizierungsverfahrens in einer Bewerberkonkurrenz behaupten muss.

Die Aufspaltung der sechsmonatigen Verwendung in zwei gleich große Abschnitte von jeweils drei Monaten scheidet ebenfalls aus. Soweit diese beiden Abschnitte ohne nennenswerte zeitliche Unterbrechung aufeinanderfolgen, handelt es sich um eine Umgehung der Regelung im § 13 Abs. 2 SächsPersVG, die keine Rechtswirksamkeit entfalten kann. Die denkbare Unterbrechung durch andere Bestandteile des Auswahlverfahrens – etwa durch die Verwendung in der Stabsfunktion – begegnet wiederum wegen § 8 SächsPersVG durchgehenden Bedenken, und zwar mindestens unter dem Gesichtspunkt des Benachteiligungsverbots. Denn die Unterbrechung der Bewährung im Ministerium ist geeignet, das Personalratsmitglied um den Erfahrungsgewinn zu bringen, den die kontinuierliche Tätigkeit in der übergeordneten Dienststelle mit wachsendem zeitlichem Ablauf typischerweise mit sich bringt.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 3. November 2011 – 6 P 14.10


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