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Verkaufsverbot für Eintrittskarten zum St. Pauli-Fußballspiel

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Anlässlich des Fußballspiels am 22. April 2012 zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Hansa Rostock ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit beim Aufeinandertreffen von mehreren hundert Problemfans davon auszugehen, dass es zu massiven Ausschreitungen kommen wird. Die Untersagungsverfügung der Hamburger Polizei, nach der der FC St. Pauli vorläufig keine Gastkarten für das stattfindende Spiel gegen FC Hansa Rostock für Rostocker Fans zur Verfügung stellen darf, ist daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Hamburg nach § 3 SOG rechtmäßig.

Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Hamburg im Eilverfahren den Antrag des Vereins FC St. Pauli abgelehnt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Untersagungsverfügung der Polizei Hamburg wiederherzustellen. Die Polizei hatte es dem FC St. Pauli untersagt, etwa 2.500 Sitz- und Stehplatzkarten für das Spiel gegen FC Hansa Rostock an den Gastverein abzugeben, weil es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fangruppen kommen werde. Zusätzlich war die sofortige Vollziehung der Regelung angeordnet worden.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Hamburg bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung. Es liegt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach § 3 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) vor. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass es beim Aufeinandertreffen von mehreren hundert Problemfans beider Vereine anlässlich des Spiels am 22. April 2012 zu massiven Ausschreitungen kommen wird, die zu schweren Personen– und Sachschäden führen könnten. Diese Prognose ergibt sich auf Grund der Vorkommnisse bei den Begegnungen der Vereine in den letzten Jahren. Die Problemfangruppen werden Flaschen, Steine, pyrotechnische Erzeugnisse und Reizgas als Waffen gegen Fans und Polizeikräfte einsetzen. Die Einschätzung der Polizei, der „Nichtverkauf“ der Gastkarten könne verhindern, dass Rostocker Problemfans in großer Zahl zum Spiel anreisten, ist nicht zu beanstanden.

Dem FC St. Pauli dürften als Veranstalter eines „Risikospiels“ diese Gefahren möglicherweise bereits nach § 8 SOG zuzurechnen sein. Zumindest dürfte es unbedenklich sein, ihn als „Nichtstörer“ (§ 10 Abs. 1 SOG) in Anspruch zu nehmen. Denn Alternativmaßnahmen im Vorfeld wie Gefährderansprachen, Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote sowie Präventivgewahrsam für Problemfans würden wahrscheinlich keine Gewähr bieten, die bevorstehenden Gefahren abzuwehren oder zu reduzieren. Diese Mittel können sich nur gegen eine kleine Zahl von Problemfans richten. Auch polizeiliche Maßnahmen am Spieltag selbst wie Platzverweisungen oder Ingewahrsamnahmen von Störern sind nicht wirksam genug. Selbst ein massiver Einsatz von Polizeikräften bei der Fanüberwachung und -trennung vor, während und nach dem Spiel kann voraussichtlich gewalttätige Ausschreitungen der rivalisierenden Fans nicht verhindern. Diese bedrohten neben den Fans und den eingesetzten Polizistinnen und Polizisten auch Unbeteiligte wie die Besucher des direkt neben dem Stadion gelegenen Volksfestes „Hamburger Dom“.

Demgegenüber ist die Belastung des FC St. Pauli geringer. Dass die Untersagung den Verein finanziell unzumutbar beeinträchtigt, hat dieser nicht geltend gemacht.

Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 2. April 2012 – 15 E 756/12


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