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Polizeiliches Fotografierverbot

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Die mit einer Bild­auf­nah­me ver­bun­de­ne Mög­lich­keit eines rechts­ver­let­zen­den Ge­brauchs, ins­be­son­de­re einer gegen Rech­te Drit­ter ver­sto­ßen­den Ver­öf­fent­li­chung muss nicht not­wen­dig immer auf der ers­ten Stufe ab­ge­wehrt wer­den; dies kann in vie­len Fäl­len viel­mehr auch auf der zwei­ten Stufe des Ge­brauchs des ent­stan­de­nen Bil­des ge­sche­hen. Dies kann bei­spiels­wei­se da­durch ge­sche­hen, dass die Po­li­zei ihren Rechts­stand­punkt dem Jour­na­lis­ten oder dem ihn be­schäf­ti­gen­den Pres­se­un­ter­neh­men mit­teilt und auf eine Ver­stän­di­gung über „ob“ und „wie“ der Ver­öf­fent­li­chung drängt. Dabei wird sich aus dem Zu­sam­men­spiel von Lan­des­po­li­zei- und Lan­des­pres­se­recht er­ge­ben, ob ein et­wai­ger daran an­schlie­ßen­der Kon­flikt durch den Er­lass einer Po­li­zei­ver­fü­gung mit der Mög­lich­keit des ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Rechts­schut­zes durch den Jour­na­lis­ten oder das Pres­se­un­ter­neh­men aus­ge­tra­gen wird oder durch die In­an­spruch­nah­me des Rechts­schut­zes vor den or­dent­li­chen Ge­rich­ten durch die Po­li­zei.

Soweit die Feststellung beantragt wird, dass die Untersagung von Bildaufnahmen von dem Polizeieinsatz rechtswidrig gewesen ist, ist die Klage entweder als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO oder als allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, nachdem sich dieser Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hatte. Insbesondere ist das für beide Klagearten gleichermaßen erforderliche schutzwürdige Interesse des Zeitungsverlegers an der begehrten Feststellung gegeben. Ein solches Interesse besteht nämlich in den Fällen einer Wiederholungsgefahr, die hier zu bejahen ist. Denn nach der Auffassung des Polizeipräsidiums besteht generell ein Interesse an der Wahrung der Anonymität von SEK-Beamten, damit diese vor Repressalien geschützt und für getarnte Einsätze verwendungsfähig bleiben. Die Verlegerin muss deshalb befürchten, in vergleichbaren Fällen wie dem vorliegenden wieder einem Photographierverbot ausgesetzt zu werden. Darüber hinaus kann sich die Zeitungsverlegerin auf ein Rehabilitationsinteresse berufen, weil solche Verbote ihr Grundrecht auf Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berühren.

Nach den getroffenen Tatsachenfeststellungen und der darauf gestützten landesrechtlichen Bewertung hat im hier vom bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall ein SEK-Beamter am Vorfallsort gegen den Photographen der Zeitungsverlegerin einen mündlichen Verwaltungsakt erlassen und diesen auch zu Recht auf baden-württembergisches Landespolizeirecht gestützt.

Bei dem Photographierverbot handelt es sich, unabhängig davon, mit welchen Worten es ausgesprochen wurde, um einen Verwaltungsakt. Auch wenn es höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollte, sei es nach seinem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet gewesen, so dass der Regelungscharakter zu bejahen ist.

Den Verwaltungsakt hat die Polizei auf die Generalermächtigung zur Gefahrenabwehr in den §§ 1, 3 BW PolG gestützt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg war er daran auch nicht durch § 1 Abs. 2 BW PresseG gehindert, wonach die Freiheit der Presse nur den Beschränkungen unterliegt, die durch das Grundgesetz unmittelbar und in seinem Rahmen durch das Landespressegesetz zugelassen sind. Die in Art. 5 Abs. 1 GG genannten Grundrechte können durch die Polizei- und Ordnungsgesetze beschränkt werden und sind nicht generell polizeifest, d.h. sind auf der Basis der allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze einschränkbar. Hier enthält allerdings Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG, der die Vorzensur verbietet, eine absolute Schranke für polizeiliche Maßnahmen. Die Anwendung der allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze bei Eingriffen in die Pressefreiheit ist aber zum Teil durch Spezialgesetze ausgeschlossen. So ist z.B. die präventivpolizeiliche Beschlagnahme von Presseerzeugnissen in den Landespressegesetzen abschließend geregelt. Diese Regelungen betreffen jedoch nur den geistigen Inhalt der Presseerzeugnisse und die davon ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und entfalten deshalb auch nur insoweit abschließende Wirkung. Beschränkungen, die den äußeren Rahmen der Pressetätigkeit betreffen, sind nach Polizeirecht zulässig, so etwa ein Platzverweis.

Eine Zensur nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG steht nicht in Rede. Die Veröffentlichung einer Information wird durch die polizeiliche Generalermächtigung aus §§ 1, 3 BW PolG nicht von einer vorherigen Kontrolle des Staates abhängig gemacht. Vielmehr geht es um die Vorfrage, ob etwas zum Inhalt einer Presseinformation werden kann. Maßnahmen aufgrund der vorgenannten Regelungen im baden-württembergischen Polizeigesetz können die Pressefreiheit als allgemeine Gesetze i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG in zulässiger Weise begrenzen.

In formeller Hinsicht begegnet die Polizeiverfügung keinen Bedenken. Die Zuständigkeit des Einsatzleiters des SEK folgt aus § 60 Abs. 2 BW PolG. Die Verfügung konnte auch mündlich erlassen werden. Eine bestimmte Form war für sie nicht vorgeschrieben.

Den Journalisten der Zeitungsverlegerin wurde durch einen Beamten des SEK – „Beamter Nr. 1“ – die Anfertigung von Fotoaufnahmen vom streitbefangenen Einsatz mündlich in der Rechtsform einer Polizeiverfügung auf der Grundlage der polizeilichen Generalermächtigung untersagt. Die Polizei hat nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BW PolG die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Nach § 3 BW PolG hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtmäßigem Ermessen erforderlich erscheinen. Zwar kann eine Betroffenheit des Schutzgutes der öffentlichen Sicherheit durch die beabsichtigten Photoaufnahmen gesehen werden, aber keine drohende Gefahr; insbesondere fehlt es dem Photographierverbot aber an der erforderlichen Verhältnismäßigkeit.

Das inhaltlich auf § 14 PreußPVG zurückgehende polizeirechtliche Schutzgut der öffentlichen Sicherheit, wie es auch dem § 1 Abs. 1 BW PolG zu Grunde liegt, umfasst neben der Unverletzlichkeit der Normen der Rechtsordnung die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen des Einzelnen sowie den Bestand und das Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen. Geschützt werden demnach sowohl Individual- wie auch Gemeinschaftsrechtsgüter. Im vorliegenden Fall ist daher von einer möglichen Betroffenheit des Schutzgutes der öffentlichen Sicherheit hinsichtlich der Sicherheit des durchgeführten Polizeieinsatzes, einer befürchteten Bedrohung der Funktionsfähigkeit des SEK durch Enttarnung sowie des Rechts der SEK-Beamten am eigenen Bild auszugehen.

Die vom Polizeipräsidium mit dem Photographierverbot unternommene Sicherung des streitgegenständlichen Polizeieinsatzes gehört zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit i.S.d. polizeilichen Generalermächtigung. Es handelt sich bei der polizeilichen Eskortierung eines Untersuchungshäftlings zu einem Arztbesuch um eine Rechtshandlung, die in Ausübung staatlicher Sicherheitsgewährleistung erfolgte und folglich dem Schutz der staatlichen Funktionsordnung diente.

Die zur Begründung des Photographierverbotes außerdem angeführte Bedrohung der Funktionsfähigkeit des SEK durch Enttarnung seiner Angehörigen betrifft ebenfalls das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit i.S.d. polizeilichen Generalermächtigung. Die Einsatzfähigkeit der Polizeiorganisation ist Teil der Sicherheit des Staates und seiner Einrichtungen. Es ging dem Einsatzleiter bei der fraglichen Polizeiverfügung darum, dass die eingesetzten Beamten nicht abgelichtet werden sollten, um ihre Identität zu schützen und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen. Er sah somit die Gefahr, dass die Identität der SEK-Beamten aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht sein könnten.

Schließlich ist als weiteres Schutzgut der öffentlichen Sicherheit das Recht der eingesetzten Beamten am eigenen Bild betroffen.

Nach der landesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage setzt ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d.h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes.

Soweit durch das ausgesprochene Verbot der konkrete Polizeieinsatz gegen Gefährdungen infolge anwesender und photographierender Personen gesichert werden sollte, kann offenbleiben, ob das Verbot hierauf schon deshalb nicht gestützt werden darf, weil nach den Feststellungen der Einsatzleiter nach seinen Vorstellungen mit dem Verbot eine solche Gefahr nicht abwenden wollte.

Angesichts der tatsächlichen Verhältnisse war die angeführte Gefahrenprognose nicht vertretbar, bereits das Hantieren eines Photoreporters mit der Kamera habe bei Passanten zusätzliches Aufsehen erregen und zu einer unübersichtlichen Situation führen können, bei der im Falle einer etwaigen Gefangenenbefreiung konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Anwesenden hätten eintreten können.

Zwar darf bei Würdigung der Gefahrenlage vor Ort die Möglichkeit nicht außer Betracht gelassen werden, dass die eingesetzten Beamten durch die Anwesenheit von Pressevertretern von der Durchführung der ihnen zugewiesenen Sicherungsaufgaben hätten abgelenkt werden können. Zur Ausschaltung einer etwaigen Ablenkungsgefahr hätte es ausgereicht, den in Rede stehenden Pressevertretern durch Ausspruch eines Platzverweises verbindlich aufzugeben, das Geschehen aus einer gewissen räumlichen Distanz zu den eingesetzten Beamten weiter zu beobachten. Der Ausspruch eines Photographierverbots, das die Ausübung der Pressefreiheit stärker beschränkt hat, als es ein entsprechender Platzverweis getan hätte, war demnach nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Mithin erweist es sich im Ergebnis als richtig, dass der Verwaltungsgerichtshof es als rechtswidrig angesehen hat, die vor Ort infolge der Präsenz der Pressevertreter entstehenden Gefahren durch Ausspruch des Photographierverbots abwehren zu wollen.

Auf eine Gefahr für das Schutzgut der Funktionsfähigkeit des SEK durch Enttarnung seiner Angehörigen sowie das Schutzgut des Rechts der SEK-Beamten am eigenen Bild konnte das gegen die Zeitungsverlegerin verhängte Photographierverbot ebenfalls nicht gestützt werden, insbesondere aber auch nicht auf eine drohende Schutzgutverletzung wegen der Gefahr der Veröffentlichung von Photos. Dabei hält das Bundesverwaltungsgericht nicht Erwägungen zu der zu vermutenden Rechtstreue von Journalisten beim Umgang mit Bildmaterial für entscheidend. Vielmehr geht es um die Abwägung der einander gegenüberstehenden Rechtspositionen der Presse und der Gefahrenabwehr sowie deren angemessenen Ausgleich.

Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Pressefreiheit gewährleistet nicht nur die Freiheit der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen; sie schützt vielmehr auch den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insbesondere die Beschaffung von Informationen gehört, wie sie u.a. mit der Herstellung von Bildaufnahmen durch Photojournalisten verbunden ist. Der Staat ist – unabhängig von subjektiven Berechtigungen Einzelner – verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall dort, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. Die Gerichte ihrerseits müssen bei der Auslegung derartiger einfachrechtlicher Normen und ihrer konkreten Anwendung im Einzelfall diese grundgesetzliche Wertentscheidung berücksichtigen. Dem hat die Auslegung von Rechtsnormen Rechnung zu tragen, soweit sie einzeln oder im Zusammenwirken die Pressefreiheit beeinträchtigen können.

Die Polizei beabsichtigte, mit der der Zeitungsverlegerin auferlegten Einschränkung ihres Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG Gefahren von den Schutzgütern der Funktionsfähigkeit des SEK sowie der Rechte der SEK-Beamten am eigenen Bild abzuwehren. Dabei hätte er vermeiden müssen, bereits das einfache Recht in einseitiger Weise zum Nachteil der Zeitungsverlegerin auszulegen. Zum Schutz der in Rede stehenden Rechte bzw. Rechtsgüter bedurfte es nicht unbedingt eines Photographierverbots. Das Berufungsgericht ist in seiner rechtlichen Bewertung beanstandungsfrei davon ausgegangen, eine polizeiliche Gefahr aufgrund der Anfertigung von Bildaufnahmen drohe überhaupt erst, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass derjenige, der Lichtbilder herstelle, diese ohne Einwilligung der abgebildeten Person sowie anderer Rechtfertigungsgründe veröffentlichen und sich dadurch gemäß § 33 KunstUrhG strafbar machen werde. Solche – die drohende Rechtsverletzung ausschließenden – Rechtfertigungsgründe können typischerweise in der Einwilligung nach § 22 KunstUrhG sowie darin liegen, dass es sich bei den Photos von der abgebildeten Person i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diesen Rechtfertigungsgründen können allerdings nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG zu berücksichtigende berechtigte Interessen der Abzubildenden entgegenstehen, wie sie etwa mit befürchteten Repressalien gegen die Betroffenen selbst oder ihre Familien dargetan sind. Der Beklagte hat die Abwägung dieser Rechts- und Schutzgüter einseitig zu Lasten der Pressefreiheit vorgenommen.

Die streitgegenständliche Polizeiverfügung berücksichtigt unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht im ausreichenden Maße das Grundrecht der Zeitungsverlegerin auf Pressefreiheit. Die mit einer Bildaufnahme verbundene Möglichkeit eines rechtsverletzenden Gebrauchs, insbesondere einer gegen Rechte von Dritten verstoßenden Veröffentlichung, muss nicht notwendig immer auf der ersten Stufe abgewehrt werden; dies kann in vielen Fällen vielmehr auch auf der zweiten Stufe des Gebrauchs des entstandenen Bildes geschehen. Wird ein Journalist daran gehindert, eine Photoaufnahme zu tätigen, wird insoweit irreversibel in sein Recht auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) eingegriffen. Dies kann in der Regel nicht hingenommen werden. Insbesondere kann diese Rechtsbeeinträchtigung nicht auf die Erwägung gestützt werden, die Wortberichterstattung bleibe auch dann möglich, wenn die Bildberichterstattung vereitelt werde. Denn es kommt nicht der Polizei gegenüber der Presse zu, zu entscheiden, welche Form der Berichterstattung erfolgen soll und welcher Art von vorbereitender Recherche es demgemäß bedarf. Verhältnismäßig ist es in einem solchen Fall daher in der Regel nicht, die durch den Journalisten beabsichtigte Photoaufnahme selbst zu verhindern, sondern nur, Vorkehrungen für die befürchtete anschließende Verletzung eines Rechtsgutes durch den Gebrauch des Bildes zu treffen. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass die Polizei ihren Rechtsstandpunkt dem Journalisten oder dem ihn beschäftigenden Presseunternehmen mitteilt und auf eine Verständigung über „ob“ und „wie“ der Veröffentlichung drängt.

Dabei wird sich aus dem Zusammenspiel von Landespolizei- und Landespresserecht ergeben, ob ein etwaiger daran anschließender Konflikt durch den Erlass einer Polizeiverfügung mit der Möglichkeit des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durch den Journalisten oder das Presseunternehmen ausgetragen wird oder durch die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes vor den ordentlichen Gerichten durch die Polizei. Ein solches Vorgehen hätte vorliegend auch nahe gelegen, weil die Journalisten nach den Feststellungen sich durch ihre Presseausweise gegenüber dem Einsatzleiter ausgewiesen haben und kooperationsbereit gewesen sind. Nur wenn es aus ex-ante-Sicht des polizeilichen Einsatzleiters aus zeitlichen oder anderen Gründen von vornherein keinen Erfolg verspricht, gegenüber Pressevertretern auf konsensualem Weg die Beachtung rechtlicher Beschränkungen bezüglich der Veröffentlichung angefertigter Bildaufnahmen sicherzustellen, ist dieser befugt, durch Nutzung polizeirechtlicher Anordnungsbefugnisse bereits die Bildanfertigung zu unterbinden. Gleiches gilt, wenn aufgrund außergewöhnlicher Umstände des Einzelfalls bereits die Anfertigung von Photos mit dem Anliegen eines wirksamen Schutzes eines in Rede stehenden Schutzgutes schlechthin unvereinbar wäre. Weder hierfür noch für eine von vornherein bestehende Aussichtslosigkeit einer konsensual erfolgenden Sicherstellung rechtlicher Veröffentlichungsbeschränkungen bietet der vorliegende Fall jedoch Anhaltspunkte.

Schließlich konnte das von der Polizei gegen die Zeitungsverlegerin verhängte Photographierverbot nicht auf eine Gefahr für das Schutzgut der “Funktionsfähigkeit des SEK durch Enttarnung seiner Angehörigen” sowie das Schutzgut des “Rechts der SEK-Beamten am eigenen Bild” gestützt werden, weil ein krimineller Zugriff auf das Bildmaterial der Zeitungsverlegerin gedroht habe. Es bestehen keine Feststellungen, nach denen auf eine derartige Gefahr zu schließen wäre.

Im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes „milder“ ist nicht das Mittel mit den einfacher strukturierten Tatbestandsvoraussetzungen, sondern dasjenige mit der geringeren Eingriffsintensität. Die vorübergehende Beschlagnahme eines Speichermediums greift weniger in die Pressefreiheit ein als die Verhinderung einer Photoaufnahme und somit deren Speicherung auf dem Medium.

Die Klage wegen der Androhung oder Ankündigung der Beschlagnahme der Kamera samt Speichermedium ist ebenfalls zulässig und begründet. Auch insoweit ist zwischen den Beteiligten das Bestehen eines Rechtsverhältnisses streitig. Ob aufgrund des konkret gegebenen Sachverhalts ein Recht der Polizei besteht, die Kamera einschließlich des Speichermediums zu beschlagnahmen, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 VwGO dar. Dieses Rechtsverhältnis war als künftiges Rechtsverhältnis auch dann streitig, wenn nur der Tatsachenvortrag der Polizei zugrunde gelegt wird, der Einsatzleiter habe die Möglichkeit erwähnt, die Beschlagnahme durch die Einsatzdienststelle prüfen zu lassen. Schon dies löst ein schutzwürdiges Interesse der Zeitungsverlegerin an der begehrten Feststellung aus. Das danach als Feststellungsklage statthafte Begehren ist begründet, weil die Annahme einer von der Polizei angenommenen rechtlich zulässigen Beschlagnahmeandrohung ermessensfehlerhaft war. Die Ermessensfehlerhaftigkeit beruhte darauf, dass die Polizei erwogen hat, eine Beschlagnahmeandrohung zur Durchsetzung eines rechtswidrigen Photographierverbotes einzusetzen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. März 2012 – 6 C 12.11


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