Eine wirksame Rechtsgrundlage für die Gewahrsamnahme einer Person ist in § 18 Abs. 1 a) des Nds. Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG) gegeben. Dem steht auch weder ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte noch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) selbst entgegen.
Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Hannover in dem hier vorliegenden Fall den Kläger dazu verpflichtet, die Kosten für seine Gewahrsamnahme zu tragen. Der Kläger war im Zusammenhang mit Angriffen auf Fans des VfL Wolfsburg vor dem Spiel von Hannover 96 gegen den VfL am 5. Februar 2011 in der Gaststätte “Schateke” festgenommen und in Gewahrsam genommen worden. Der Kläger wendet sich gegen die Kosten seiner Unterbringung im Polizeigewahrsam in Höhe von 25,- EUR.
In seiner Urteilsbegründung führt das Verwaltungsgericht Hannover aus, dass die kostenrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme vorliegen, insbesondere finde die Gewahrsamnahme selbst in § 18 Abs. 1 a) des Nds. Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG) eine wirksame Rechtsgrundlage
Dem stehen danach weder ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte noch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) selbst entgegen.
Der Gerichtshof habe zwar erkennen lassen, dass er die Regelungen in den Landespolizeigesetzen in Deutschland zum Unterbindungsgewahrsam für nicht konventionskonform hält. Er hat dies jedoch nie förmlich beanstandet, weil es in den entsprechenden Entscheidungen letztlich nicht auf diese Frage ankam. Nur eine förmliche Beanstandung könnte aber das Gericht binden.
Nach eigener Prüfung ist das Verwaltungsgericht Hannover zu dem Schluss geklommen, dass die Europäische Menschenrechtskonvention dem Verhinderungsgewahrsam nicht entgegensteht. Art. 5 EMRK gestattet ausdrücklich die Haft zur Verhinderung einer Straftat. Anders als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat anklingen lassen, ist dessen Anwendung nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Hannover nicht auf den Bereich der Strafverfolgung beschränkt. Dies ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung noch aus deren Systematik. Die Verhinderung von Straftaten sei die originäre Aufgabe der Polizei und erfolge eben nicht im Rahmen der Strafverfolgung, sondern bevor eine Straftat begangen werde. Angesichts des weiteren Inhalts des Art. 5 EMRK, der eine Freiheitsentziehung z. B. wegen Landstreicherei gestatte, sei nicht anzunehmen, dass diese Vorschrift der Polizei einen Freiheitsentzug zur Verhinderung von – u.U. schwersten – Straftaten untersagen wolle.
Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 18. Juli 2012 – 10 A 1994/11